Bau eines Freizimmergeheges für die Haltung von Chamäleons


Autor: Andreas Dickhoff & Tanja Dickhoff
Copyright: NTV - Natur und Tier-Verlag GmbH, Münster


Dieser Artikel ist in der Ausgabe 08 (November/ Dezember 2007; Seiten 24-34)
Petrosaurus thalassinus-Artikel in der Reptilia Nr. 41
der Fachzeitschrift
Reptilia das große Terraristik-Fachmagazin
veröffentlicht worden,
die imNTV-Verlagerscheint.
Zu beziehen ist die Zeitschrift im gut sortierten Zeitschriftenhandel oder direkt beim Verlag.


Jemenchamäleons werden nicht mehr von uns gehalten

Bau eines Freizimmergeheges für die Haltung von Jemen- und Pantherchamäleons

Die Freihaltung von Chamäleons auf einer gut bepflanzten Fensterbank oder frei im Wintergarten bzw. Zimmer wird in verschiedenen Publikationen genannt und kurz erläutert.
Nachdem wir schon einige Zeit Chamäleons im Terrarium gehalten hatten, erschien es aufgrund der Literaturhinweise und eines Fernsehberichts über Chamäleons, die auf einer gut bepflanzten Fensterbank gepflegt wurden, eine faszinierende Vorstellung, ein Tiere frei auf einem „Busch“ im Zimmer zu halten. Da es uns nicht möglich war, eine schön bepflanzte Fensterbank zu bieten, bauten wir ein Chamäleonzimmerfreigehege, das über die Jahre sowie durch eigene und fremde Erfahrungen immer weiter entwickelt wurde. Davon soll dieser Artikel berichten.

Vorüberlegungen

Das Zimmerfreigehege ist im Prinzip nichts anderes, als ein mit großen Zimmerpflanzen besetzter Kübel, wie man ihn immer wieder in öffentlichen Gebäuden oder Firmen zur Dekoration findet. Allerdings müssen natürlich die Bedürfnisse des Chamäleons berücksichtigt werden. So kann man keine Hydrokultur verwenden, da der Blähton (das Hydrogranulat) als Bodengrund schon zu Todesfällen bei Chamäleons geführt hat, wenn er an der Zunge haften blieb bzw. geschluckt wurde. Auch muss für weitere Klettermöglichkeiten, einen Wärmeplatz, die richtige Luftfeuchtigkeit usw. gesorgt werden. Aber dazu kommen wir später.

Als Erstes stellt sich das Problem des richtigen Aufstellungsortes. Dies ist bei der Entscheidung für oder gegen eine Freihaltung die ausschlaggebende Frage, da hier für die menschlichen Mitbewohner unter Umständen die größten Kompromisse eingegangen werden müssen. Und diese Kompromisse dürfen nur bei den Menschen und nicht bei den Haltungsparametern des Chamäleons gemacht werden.

Für ein Zimmer mit freilaufendem Chamäleon gelten besondere Voraussetzungen, und in ihm gilt natürlich besondere Vorsicht. Ein Durchgangszimmer ist nicht geeignet, da ständig Leute dicht an dem Tier vorbeilaufen würden. Dies stellt für Chamäleons puren Stress dar. Auch gehört ein „Freigehege“ nicht in die Küche. Hier gibt es zu viele Gefahrenquellen, und auch die Kochdämpfe sind der Gesundheit abträglich. Im „Chamäleonzimmer“ verbieten sich Rauchen und laute Musik von selbst. Es sollte ebenfalls kein Zimmer sein, in dem bis spät in die Nacht Licht brennt bzw. in dem nachts häufig das Licht ein- und wieder ausgeschaltet wird oder ein Fernseher läuft. Dies stört die lebensnotwendige Nachtruhe für das Chamäleon, da die Tiere Lichtveränderungen auch wahrnehmen, wenn beide Augen geschlossen sind. Durchzug ist zu vermeiden. Besonders nach dem Sprühen drohen sonst Erkältungen bis hin zu Lungenentzündungen. Vor allem in unseren manchmal sehr warmen Sommern muss dafür gesorgt werden, dass es im „Chamäleonzimmer“ nicht zu heiß wird, aber das Gehege auch nicht im Durchzug oder Ventilatorstrom steht. Der Aufstellungsort des Freigeheges sollte selbstverständlich fluchtsicher sein. Es darf kein offenes Fenster von den Chamäleons erreichbar sein, auch nicht über evtl. vorhandene Vorhänge, Gardinen oder freiliegende Rohre/Kabel. Selbst durch Fenster, die nur auf „Kipp“ geöffnet sind, versuchen manche Chamäleons, ins Freie zu gelangen, was unter Umständen zum Einklemmen und bis zum Tod des Tieres führen kann – ganz abgesehen davon, dass es schwierig werden dürfte, ein entlaufenes Chamäleon wiederzufinden. Wenn das Chamäleon eine Möglichkeit gefunden hat, sein „Freigehege“ zu verlassen und im Zimmer umherzulaufen, ist das Lüften nur noch unter Beobachtung möglich und die Tür des „Chamäleonzimmers“ muss geschlossen gehalten werden können. Ansonsten wird man viel Zeit mit der Suche nach dem Tier aufbringen müssen, von den Gefahren, die sich bieten, mal ganz abgesehen. Beim Betreten des Zimmers muss man sichergehen, dass das Tier nicht evtl. auf dem Boden sitzt. Also die Tür nur sehr langsam und vorsichtig öffnen, damit man nicht versehentlich das Chamäleon wegstößt, einklemmt oder sogar darauf tritt. Diese Freigänge lassen sich jedoch unterbinden, indem man um den Bereich des Freigeheges Plexiglasscheiben, Holz- oder Kunststoffplatten senkrecht aufstellt, die so hoch gewählt werden, dass sie vom entsprechenden Pflegling nicht überklettert werden können. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Äste oder Pflanzenteile über diese Absperrung hinausragen, da diese ansonsten zum Verlassen des Freigehegebereichs genutzt werden könnten. Chamäleons sind allerdings sehr erfinderisch, was das Verlassen Ihres Busches angeht. Daher sollte man auch beim Verwenden einer Fluchtsperre immer davon ausgehen, dass das Chamäleon eventuell doch nicht mehr auf dem Busch sitzt, und sich davon vor dem Öffnen von Fenster etc. überzeugen.

Schließlich ist auch darauf zu achten, dass das Chamäleon nicht ungebetenen Besuch von anderen Mitbewohnern bekommt, wie z. B. Hunden oder Katzen. Jüngeren Familienmitgliedern oder auch Besuchern sollte man die Ansprüche des Chamäleons, wie Ruhe und Nicht-angefasst-werden, erklären. Auch sollte man darauf hinweisen, wenn das Chamäleon sich von neugierigen Blicken genervt fühlt, und ihm die nötige Ruhe gönnen.

Des Weiteren sollte bei der Wahl des Aufstellortes der Zimmerboden mit in die Überlegungen einbezogen werden. Teppichboden ist als Untergrund für ein Chamäleonfreigehege eher ungeeignet, da über die Blätter der Pflanzen häufig auch etwas Sprühwasser an den Pflanzkübeln vorbei auf den Boden tropft. Noch unangenehmer sind frische Kothaufen, die von Kletterästen oder Pflanzenteilen, die über den Pflanzkübel hinausragen, neben das Freigehege fallen gelassen werden. Der feuchte Anteil sorgt auf Teppichböden für unansehnliche Flecken, die man bei Fliesen oder Laminat einfach aufwischen kann. Wer ein trächtiges Weibchen einer eierlegenden Chamäleonart im Freiterrarium pflegt, wird ebenfalls sehr dankbar sein, wenn er die Blumenerde, die nach den Grabungen für die Eiablage neben dem Gehege liegt, einfach auffegen kann und nicht erst mühsam aufsammeln und anschließend wegsaugen muss. Letzterer Fall sollte jedoch eine Ausnahme sein. Nach Möglichkeit werden trächtige Weibchen 2–3 Wochen vor der Eiablage in ein entsprechendes Terrarium überführt. Wer dennoch ein Chamäleonfreigehege in einem Zimmer mit Teppichboden nutzen möchte, ist gut beraten, im Bereich des Freigeheges den Boden mit einer lackierten Holzplatte, einigen Platten Laminat oder Folie auszulegen, um den Teppich zu schonen. Ein weiterer Punkt sind die Häutungsreste. Chamäleons häuten sich in Fetzen, sodass über das ganze Freigehege oder darüber hinaus ein „Konfetti“ aus weißer, abgestoßener Haut herumliegt. Wer diese Hautstücke in einem Wohnraum nicht akzeptieren kann, sollte von einer Freihaltung abstand nehmen.

Optimal wird ein Chamäleonfreigehege an einem Fenster aufgestellt, da Chamäleons gerne in der Sonne sitzen und aus dem Fenster schauen. Jedoch ist darauf zu achten, dass immer Schattenbereiche mit niedrigeren Temperaturen zur Verfügung stehen, damit es nicht zu Überhitzung kommt. Gerade hinter Glasscheiben von geschlossenen Räumen werden sehr schnell kritische Temperaturwerte erreicht.

Der Bau

Kann man einen entsprechenden Aufstellungsort bieten und sind alle Mitbewohner mit den Konsequenzen dieser Form der Chamäleonhaltung einverstanden, kann man mit dem Bau des Freigeheges beginnen. Als Erstes stellt sich die Frage, welches Gefäß geeignet ist. Hier haben wir uns für einen der klassischen Hydropflanzenkübel in der Größe 70 x 35 x 25 cm (Länge x Breite x Höhe) aus einer lokalen Gärtnerei entschieden. Diese Gefäße sind zwar nicht günstig, bieten aber den Vorteil recht fester und starrer Wände. Diese werden später z. B. für die Befestigung der Lampen benötigt. Wer die Lampen unter der Zimmerdecke oder an einer angrenzenden Wand befestigen möchte, kann auch dünnwandigere Plastik- oder entsprechend große Terrakottagefäße für Kübelpflanzen verwenden. Ein weiterer Vorteil der Hydropflanzkübel ist die werkseitige Vorbereitung für Rollen mit dem dazu farblich passenden Angebot. Die Mobilität des Freigeheges kann wichtig sein, um den Zimmerboden in diesem Bereich einfach sauber halten zu können. Mit den Rollen kann man ohne große Mühe für Reinigungsarbeiten das ganze Gehege zur Seite fahren und anschließend wieder an seinen angestammten Platz stellen. Diese Möglichkeit kann man auch bei anderen Gefäßen mit Rollbrettern o. Ä. leicht schaffen. Wer auf diese Mobilität verzichten kann, hat die Möglichkeit, mehrere entsprechend große Gefäße nebeneinander zu stellen, wie bei unserem aktuellen Freigehege. Hier haben wir zwei quadratische Hydrogefäße mit den Maßen 50 x 50 x 25 cm (L x B x H) auf einem passenden Unterschrank nebeneinander gestellt.

Nachdem nun das Pflanzgefäß ausgewählt ist und evtl. auf seinen Rollen steht, werden als Nächstes die weiteren Klettermöglichkeiten eingesetzt. Selbstverständlich bieten die zukünftigen Pflanzen schon einige Klettermöglichkeiten, aber einen freien Sonnenplatz und dickere Kletteräste gibt es noch nicht. Hierbei erinnerte ich mich an den „Vogelbaum“, den mein Bruder für den Freiflug seiner Wellensittiche gebaut hatte: Er stellte einen dicken Ast senkrecht in einen alten Christbaumständer. An diesen „Baumstamm“ wurden dann verzweigte dünnere Diagonal- und Queräste geschraubt. Dieses Prinzip übernahm ich nun also und stellte den Christbaumständer mittig auf den Boden des Pflanzgefäßes. Der Stamm wird von einem dicken Ast gebildet, der sich im oberen Teil in mehrere dünnere Äste verzweigte. Als Queräste verwenden wir Äste der Korkenzieherweide, die nicht so schnell morsch werden und dazu noch sehr dekorativ sind. Als gute Alternative haben sich auch getrocknete Lianen aus dem Terraristikhandel bewährt. Neben der Verschraubung der Queräste mit dem Stamm werden auch einige waagerechte Äste mit diagonalen Ästen verschraubt, um für eine ausreichende Stabilität und genügend Auf-/ Abgänge zu sorgen. Um scharfe Spitzen und Kanten zu vermeiden, verwendeten wir Gewindeschrauben mit Unterlegscheiben und Muttern. Ein Einklemmen des Chamäleonschwanzes an den verschraubten Kreuzungsstellen der Äste verhindert man, indem diese mit etwas Naturbast stramm umwickelt und damit „abgerundet“ werden. Anstelle des Christbaumständers kann man auch drei oder vier 90°-Regalwinkel an den Hauptstamm schrauben, um ihm die nötige Standfestigkeit zu geben, ähnlich wie bei einem Schreibtischstuhl oder Bistrotisch (Dockhorn und Stockhausen, pers. Mittlg.). Spätestens wenn der Bodengrund eingefüllt ist, ergibt sich so eine ausreichende Standfestigkeit des „Hauptstamms“.

Die Beleuchtung

Wer die Möglichkeit hat, seine Lampen direkt unter die Decke oder an eine Wand zu hängen, kann sich direkt mit der Bepflanzung beschäftigen. Wer aber das Freigehegen noch mobiler halten will oder aber keine Möglichkeit hat, die Lampen unter die Decke zu hängen, muss noch etwas weiter bauen. Für die Aufhängung der Lampen haben wir ein Aluminiumgestell errichtet, das an dem Pflanzgefäß befestigt wurde. Es bestand aus Alu-Vierkantrohren (20 x 20 mm) aus dem Baumarkt, die rechts und links senkrecht außen an das Pflanzgefäß geschraubt wurden. Die Schrauben sind im Bereich des späteren Bodengrundes mit Silikon versiegelt worden, um ein Auslaufen von Gießwasser zu verhindern. Oben wurden die beiden Seitenteile mittels Metallwinkeln, Schrauben und einem weiteren Vierkantrohr entsprechender Länge quer verbunden. Wichtig ist der Abstand zwischen der Querstange und dem obersten Kletterast. Dieser sollte nicht unter 40 cm betragen, um einen ausreichenden Sicherheitsabstand zwischen Tier und der dort später montierten Lampe einzuhalten. Der Abstand variiert jedoch mit der zu erwartenden Endgröße der gepflegten Chamäleonart.

Für die Beleuchtung und die Bildung eines Wärmeplatzes kam eine HQL-Lampe zum Einsatz. Diese hatte in dem Kellerzimmer, wo das erste Freigehege stand, eine Leistung von 125 W. Um eine ausreichende Beleuchtung zu gewährleisten, mussten hier noch zusätzlich zwei Leuchtstoffröhren installiert werden. In unserer späteren Wohnung stand das Freigehege an einem Fenster. Hier war die Zimmertemperatur höher, sodass eine 80-W-HQL-Lampe ausreichte, um einen Sonnenplatz zu bilden. Ausreichend Licht stand durch das Fenster zur Verfügung, wodurch zusätzliche Leuchtstoffröhren nicht mehr notwendig waren. Die Wärmelampe war die klassische „Kuchenform-HQL“, bei der eine silberne (Back-)Kastenform als Reflektor dient, in die eine E27-Keramikfassung mit angeschlossenem Vorschaltgerät installiert wird, um das HQL-Leuchtmittel aufzunehmen. Diese Lampen sind mittlerweile als komplette Sets – bestehend aus einem vorgebohrten Reflektor, einer Fassung mit allen nötigen Befestigungsmaterialien, dem HQL-Leuchtmittel, der Zuleitung und dem Vorschaltgerät – im Terraristikfachhandel erhältlich. Zusätzlich gibt es passende Schutzgitter, die verhindern, dass Tiere direkt mit dem heißen Leuchtmittel in Berührung kommen. Ebenfalls sind mittlerweile alternative Reflektoren in unterschiedlichen Formen erhältlich.

Selbstverständlich können auch andere Lampen verwendet werden. Es ist darauf zu achten, dass zum einen für den späteren Bewohner ein Sonnenplatz mit entsprechenden Temperaturen zur Verfügung steht und andererseits auch genügend Licht für das Chamäleon und die Pflanzen mit niedrigeren Temperaturen vorhanden sind.  In einem mindestens mehrtägigen Probelauf sollte man an mehreren Stellen des Freigeheges die Temperaturwerte zu verschiedenen Zeiten überprüfen, um sowohl ein Erreichen der Vorzugstemperatur als auch den Rückzug in kühlere Bereiche sicherzustellen.

Die HQL-Lampe wurde bei unserem Freigehege mit Hilfe von Metallketten aus dem Baumarkt an der Aluvierkantrohrkonstruktion aufgehängt. Dabei haben wir die Ketten etwas länger gelassen, um die Lampen zur Temperatureinstellung in der Höhe variieren zu können. Der Mindestabstand ist jedoch – wie bereits erwähnt – so zu wählen, dass die Lampe von den Chamäleons nicht erreicht werden kann. Das Anschlusskabel wird direkt an der Alukonstruktion entlang geführt und befestigt. Es kann alternativ auch unsichtbar durch die hohlen Vierkantrohre geführt werden. Als das Freigehege später in unser Wohnzimmer kam und verstärkt dekorativen Ansprüchen genügen musste, haben wir den Alulampenständer gegen einen aus Bambusrohren ersetzt, die in Form eines umgedrehten „L“ (ähnlich einem Galgen) aneinandergeschraubt wurden. Wer dicke Bambusrohre für die Lampenkonstruktion verwendet, kann auch die Trennwände im Innern des Bambus durchstoßen, um die Kabel hier zu verlegen. Am einfachsten lassen sich diese Wände mit einem dünneren Bambusstab und einigen Hammerschlägen durchstoßen. So hängt nun am Ende unserer Bambuskonstruktion ein an die höhere Leistung des HQL-Leuchtmittels angepasster Ikea-Lampenschirm zur Beleuchtung des Sonnenplatzes.

Die Bepflanzung

Nachdem nun die Beleuchtung im und am Kübel installiert wurde, kann die Bepflanzung vorgenommen werden. Es eignen sich die unterschiedlichsten Zimmerpflanzen, die eine entsprechende Höhe aufweisen. So kommen bei uns verschiedene Ficus-Arten zum Einsatz, die viel Sichtschutz bieten und gleichzeitig durch die relativ dünnen Stämme als weitere Klettermöglichkeit genutzt werden. Auch das Fensterblatt (Monstera deliciosa, auch als Baumfreund bekannt) bietet eine gute Möglichkeit, ein Chamäleonfreigehege zu bepflanzen. Zum einen sieht die Pflanze sehr dekorativ aus, zum anderen bieten die großen Blätter viel Sichtschutz und mit den dicken Stängeln optimale Klettermöglichkeiten. Die Pflanzen sollten so gewählt werden, dass man sein Tier beobachten kann, wenn es sich z. B. auf dem Sonnenplatz befindet, ihm aber auch eine sichtgeschützte Rückzugsmöglichkeit bieten. Natürlich machen die Pflanzen auch eine gewisse Arbeit, da vertrocknete oder abgeknickte Teile regelmäßig entfernt werden müssen, bevor sie anfangen zu verrotten.
Als erstes muss der Pflanzkübel vorbereitet werden. Da er keine Drainagelöcher (wie ein Blumentopf) hat, durch die überschüssiges Gießwasser abfließen kann, sollte, wie in einem Terrarium, eine dünne Drainageschicht aus Kies eingebracht werden. Wer auf das Gewicht des Pflanzgefäßes achten muss, kann anstelle von Kies auch Styroporbruchstücke einbringen. Damit die später eingefüllte Blumenerde nicht zwischen das lockere Drainagematerial gedrückt oder gespült wird, deckt man dieses mit einem Flies (z. B. Teichflies aus dem Baumarkt) ab. Hierbei sind Aussparungen für die Füße des Klettergerüstes einzuschneiden. Das Fließ lässt man dann an den Schnittkanten überlappen. Die Pflanzen sollten gründlich abgebraust werden, bevor sie in das Freigehege gepflanzt werden, um vorhanden Rückstände von Pflanzenschutz- und Blattglanzmitteln abzuspülen. Anschließend können sie direkt in das vorbereitete Pflanzgefäß gesetzt werden, und der Kübel wird mit Erde aufgefüllt. Wir verwenden normale Blumenerde aus der Gärtnerei. Je nach Beschaffenheit wird nur etwas Sand für eine lockerere Bodenstruktur beigemischt. Die Erde sollte gut angedrückt werden, um den Pflanzen den nötigen Halt zu geben. Ob die Pflanzen im Blumentopf oder direkt in die eingebrachte Erde gesetzt werden, ist Geschmackssache. Viele Terrarianer lassen die Pflanzen im Topf, um sie schneller einzeln austauschen zu können. Um die Alukonstruktion für die Lampe mit einer Rankpflanze (z. B. Efeutute, Scindapsus sp.) etwas zu kaschieren, wurde noch ein Kunststoffblumentopf im oberen Bereich an eines der senkrechten Aluvierkantrohre geschraubt und entsprechend bepflanzt. Rankpflanzen lassen sich aber auch gut im unteren Bereich einsetzen, um nicht ganz vergrabene Blumentöpfe zu kaschieren. Bei unserem aktuellen Freigehege haben wir das Fensterblatt mit Naturbast an dem für die Beleuchtungskonstruktion verwendeten Bambusrohr hochgebunden, um dieses zu verbergen. Bei aller Dekoration der Alu- und Bambusrohre sollte man dennoch dafür Sorgen, dass die heißen Lampen auch auf diesem Weg nicht erreicht werden können. Hier muss im Zweifelsfall der Wunsch nach einem schönen Aussehen hinter dem Schutz des Tieres vor Verbrennungen zurück stehen.

Manchen Chamäleons, darunter auch dem Jemenchamäleon, dienen die jungen Triebe einiger Pflanzen auch als vegetarische Beikost. Ein weiterer wichtiger Vorteil echter Pflanzen gegenüber Kunstpflanzen ist die Erhöhung der Luftfeuchtigkeit, da sie über ihre Blätter Wasser verdunsten und somit das Klima positiv beeinflussen. Darum sollten künstliche Pflanzen in einem Freigehege nicht oder nur ergänzend eingesetzt werden. Die Luft in einem durchschnittlichen Wohnraum ist gerade im Winter sehr trocken. Deshalb sollte jede Möglichkeit, die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen, auch genutzt werden.

Wasser und Feuchtigkeit

Damit sind wir auch schon beim größten Problem der Freihaltung von Chamäleons im Zimmer: Die Wasserversorgung und Luftfeuchtigkeit!

Um eine ausreichende Wasserversorgung zu gewährleisten und auch eine entsprechende Luftfeuchtigkeit aufrecht zu erhalten, muss ein Freigehege häufiger besprüht werden, als es für die gleiche Chamäleonart in einem Terrarium nötig wäre. Dieses Problem besteht jedoch auch bei der Haltung von Chamäleons in Gazeterrarien. Hier ist eine automatische Sprühanlage sehr hilfreich. Die Düsen können an dem Aluvierkant- oder Bambusrohrgestell befestigt werden. Der Sprühwinkel ist so zu wählen, dass der Sprühstrahl nicht neben das Freigehege geht und auch keine stromführenden Geräte (z. B. Lampen, Vorschaltgeräte usw.) mit dem Sprühwasser in Berührung kommen!

Weiterhin müssen Chamäleons in der Zimmerhaltung an eine Spritze, Pipette o. Ä. zum Tränken gewöhnt werden. Gerade im Winter ist eine zusätzliche Pipettenversorgung unverzichtbar, um Dehydrierung und die Langzeitfolgen wie Nierenschäden zu vermeiden. Auf diese Problematik wies auch schon Dost (2000) hin. Daher bietet es sich an, Chamäleons, die später in die Freihaltung kommen, bereits während der Aufzucht an das Tränken per Pipette zu gewöhnen. Wenn das Tier einmal in der Freihaltung ist, muss diese Variante für die zusätzliche Wasserversorgung angenommen werden.

Eine weitere Möglichkeit der Wasserversorgung bei gleichzeitiger Erhöhung der Luftfeuchtigkeit zur Vorbeugung gegen Häutungsschwierigkeiten stellen Zimmerbrunnen dar. Zum einen bieten sie bewegtes Wasser, welches von Chamäleons, im Gegensatz zu Wasserschalen mit stehendem Wasser, zum Trinken aufgesucht wird, zum anderen sorgt das verdunstende Wasser für eine weitere lokale Erhöhung der Luftfeuchtigkeit. Am natürlichsten wirken so genannte „Quellsteinbrunnen“ oder alternativ dazu die mittlerweile in allen Terraristikhandlungen erhältlichen Wasserfälle. Es sollte bei allen Brunnen bzw. Wasserfällen darauf geachtet werden, dass das Wasser nicht im „hohen Bogen fliegt“ wie bei klassischen Springbrunnen oder so tief im Wasserfall fließt, das es von den Tieren nicht erreicht werden kann. Bei allen künstlichen Wasserstellen ist auf absolute Hygiene und tägliche gründliche Reinigung mit Wasserwechsel zu achten! Daher sollten sie so aufgestellt werden, dass man das ganze Gerät mit Wasserschale problemlos entfernen und reinigen kann. Wir haben unseren Brunnen daher in einen zuvor im Bodengrund eingelassenen Blumentopf eingesetzt. Die komplette „Verbannung“ von Brunnen oder Wasserfällen als „Bakterienherde“ aus der Terraristik, wie es einige fordern, können wir nicht nachvollziehen. Wir setzen seit Jahren Zimmerbrunnen ein, und bei keinem unserer Tiere sind negative Auswirkungen, wie bakterielle Infektionen o. Ä., festzustellen gewesen. Dies könnte neben der regelmäßigen Reinigung mit Wasserwechsel auch daran liegen, dass bei ausreichender Wasserversorgung auf anderem Wege der Brunnen nur sehr selten aufgesucht wird.

Auf große offene Wasserflächen dagegen ist zu verzichten, da sonst die Gefahr besteht, dass ein Chamäleon hineinfällt und evtl. ertrinkt. Darüber hinaus lernen nur sehr wenige Chamäleonarten, aus Wassernäpfen mit stehendem Wasser zu trinken.

Zur weiteren Wasserversorgung können Tropftränken eingesetzt werden. Jedoch sollte man einen Auffangbehälter für die Wassertropfen aufstellen. Ansonsten kann mit der Zeit der Boden unter der Tränke versumpfen, und die Pflanzen sterben ab. Auch bei diesem Auffangbehälter ist darauf zu achten, dass kein Chamäleon hineinfallen und ertrinken kann (z. B. Abdeckung mit Gaze).

Weitere Aspekte

Ein weiteres Problem stellt die Fütterung dar. So kann man nicht einige Futtertiere auf das Freigehege werfen und warten, bis sich das Chamäleon auf die Jagd begibt, wie man es im Terrarium machen könnte. Die meisten Futtertiere werden wohl über kurz oder lang irgendwo anders im Haus bzw. der Wohnung auftauchen. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen, ist die reine Pinzettenfütterung, an die das Chamäleon – wie auch an die Wasserversorgung per Pipette – zu gewöhnen ist. Sie hat den Nachteil, dass sie sehr zeitintensiv ist, aber auch den Vorteil, dass man eine sehr genaue Kontrolle über das Fressverhalten bekommt. Eine zweite Möglichkeit besteht darin, ein undurchsichtiges, glattwandiges Gefäß aufzustellen, aus dem sich das Chamäleon die Futtertiere „schießen“ kann. Es muss undurchsichtig sein, damit nicht versucht wird, durch die Seitenwand des Gefäßes zu schießen und dabei evtl. Verletzungen der Zunge bzw. des Zungenapparats entstehen. Gleichzeitig muss die Höhe so gewählt werden, dass die Futtertiere nicht entweichen, aber vom Chamäleon noch erreicht werden können. Falls das Gefäß zu hoch für das Chamäleon ist, kann man auch einen Ast in das Futtergefäß hängen lassen, damit es näher an die Futtertiere kommt. Dieser Ast darf selbstverständlich nicht den Gefäßboden erreichen.

Zuletzt sollte man bei der Freihaltung beachten, dass für eine Urlaubs- oder Krankheitsvertretung ein Terrarium oder zumindest ein Gaze-/Netzterrarium zur Verfügung steht. Damit ist ein eventuelles Entweichen des Terrarienpfleglings wie auch des Futters ausgeschlossen, das wiederum vereinfacht der Urlaubspflege das Füttern. Die Ausstattung mit einer automatischen Beregnungsanlage erspart häufig das zusätzliche Tränken per Pipette. Diese Überlegung ist besonders wichtig, wenn man nicht auf befreundete Terrarianer zur Zeitpflege zurückgreifen kann, die eine eventuelle Mangelverpflegung erkennen und beheben können.

Aufgrund dieser zu bewältigenden Probleme muss explizit darauf hingewiesen werden, dass die Freihaltung eines Chamäleons im Zimmer wesentlich höhere Ansprüche an den Pfleger stellt als die reine Terrarienhaltung, die bereits einige Schwierigkeiten bereithält. Daher sollten sich nur geübte Terrarianer mit dieser zwar sehr reizvollen, aber auch wesentlich aufwändigeren Art der Chamäleonhaltung beschäftigen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass mögliches Unwohlsein des Pfleglings und die notwendigen Rückschlüsse auf die Haltungsparameter nicht immer einfach zu erkennen oder offensichtlich sind. Die häufig gegen die Freihaltung angeführten klimatischen Probleme haben sich bei der richtigen Auswahl der zu pflegenden Chamäleonart und entsprechenden Maßnahmen zur Herstellung eines passenden Mikroklimas als nicht unlösbar herausgestellt. Zumal die gleichen Probleme auch bei der vielfach propagierten Haltung in Gazebehältern bestimmter Arten im selben Ausmaß anzutreffen sind.

Die Vorteile der Freihaltung sind neben der Möglichkeit, seinen Tieren eine sehr ansprechende Haltungsvariante zu bieten, vor allem die gute Einsehbarkeit, da es keine Lichtreflexionen, wie auf Terrarienscheiben, oder eingeschränkte Sicht, wie bei Gazebehältern, gibt. Gerade Spiegelungen auf den Innenseiten der Terrarienscheiben haben schon häufig bei Chamäleons zu Dauerstresszuständen geführt, da sie sich ständig im „Streit“ mit ihrem Spiegelbild befanden. Ein weiterer Vorteil ist die bessere Möglichkeit der Paar- oder sogar Gruppenhaltung. Aufgrund der meist großzügigeren Abmessungen und der (zumindest optischen) Möglichkeit, das Weite zu suchen, klappt bei Freiterrarien die Paarhaltung selbst bei Arten, bei denen im Terrarium nicht an eine solche zu denken wäre. Aber auch hier sei daraufhingewiesen, dass solche Versuche nur von versierten Terrarianern durchgeführt werden sollten, da diese die notwendige Erfahrung im Erkennen von Problemen und in der Regel auch die notwendigen freien Terrarien zur Trennung zur Verfügung haben.
Dieser Bericht stellt selbstverständlich nur einige Anregungen für die Gestaltung eines Chamäleonfreigeheges vor. Man kann seiner gestalterischen Kreativität – unter vollständiger Berücksichtigung der Ansprüche seiner Pfleglinge (!) –  freien Lauf lassen.

Skizze Zimmerfreigehege
Freigehege ohne Bepflanzung
zum Vergrößern anklicken

Praxis

Unsere ersten Erfahrungen bei der Freihaltung eines Chamäleons haben wir mit Chameleo calyptratus gemacht. Die Tagestemperaturen waren hierbei abhängig von der Zimmertemperatur. Im Sommer betrugen diese tagsüber im unteren Bereich zwischen 22°C und 24°C und unter der Wärmelampe bis zu 35°C. In der Nacht sanken sie auf 18°C- 22°C. Im Winter wurde die Beleuchtungsdauer von 12-13 auf 8-9 Stunden reduziert und durch die niedrigeren Zimmertemperaturen sanken die Tagestemperaturen auf 18°C im kühlen Bereich und nur noch ca. 30°C unter der Wärmelampe. Die Nachttemperaturen konnten regelmäßig bis auf 15°C fallen. In dieser Phase wurden die Tiere wesentlich inaktiver und nahmen auch deutlich wenige Futter zu sich. Verfüttert wurden hauptsächlich Wanderheuschrecken, die immer mit einem Vitamin- und Mineralstoffpräparat aufgewertet wurden. Zur Abwechslung des Speiseplans trugen argentinische Schaben (Blabtica dubia), Grillen, Heimchen, Zophobas, selten Wachsmaden und Babymäuse bei. Die Fütterung erfolgte in den meisten Fällen direkt aus der Pinzette, ansonsten wurde das Futter in den oben beschriebenen Futterschalen angeboten. Zudem nehmen einige Tiere pflanzliche Nahrung in Form von angebotenem Obst und Gemüse an (Paprika, Gurke, Apfel, Banane, Salat etc.). Andere Tiere wiederum decken ihren Bedarf an Grünzeug, indem Sie die Freigehegebepflanzung anknabbern. Wird vom Chamäleon ein hoher Anteil an pflanzlicher Nahrung aufgenommen kann dies auf eine zu trockene Haltung hindeuten. In der Regel wurde das Freigehege einmal am Tag übersprüht. Zusätzlich wurden die Tiere etwa einmal pro Woche direkt mittels Pipette getränkt. Es ist möglich beide Geschlechter in der Freihaltung zu pflegen, wobei meistens die männlichen Exemplare aufgrund ihrer imposanteren Erscheinung frei gehalten werden, während das zugehörige Weibchen ein Terrarium bewohnt. Probleme können bei der Freihaltung von Weibchen während der Trächtigkeit auftreten. So wird sehr viel Erde aus den Pflanzgefäßen oder erreichbaren Blumentöpfen bei der Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz gebuddelt. Des Weiteren bilden auch unverpaarte Weibchen – wenn man eine Einzelfreihaltung betreibt – Gelege aus. Leider führen diese unbefruchteten Gelege häufig zu Legenot.

Derzeit halten wir ein Pantherchamäleon (Furcifer pardalis) frei im Zimmer. Die Haltungsbedingungen unterscheiden sich durch höhere Nachttemperaturen, die nicht dauerhaft unter 18°C fallen sollten. Auch in der trockeneren Winterzeit, in der nur einmal täglich gesprüht wird, fallen die Temperaturen, wenn überhaupt, nur kurzzeitig auf 16°C. Die Tagestemperaturen entsprechen denen der bei der Freihaltung von Chamaeleo calyptratus genannten Werte. Da das Pantherchamäleon eine höhere Luftfeuchtigkeit benötigt, wird im Sommer täglich zweimal gesprüht. Zusätzlich wird hin und wieder ein drittes Sprühintervall eingelegt. Das Futter entspricht dem bereits genannten Sortiment. Nur wird von unserem Pantherchamäleon bisher keinerlei pflanzliche Nahrung (weder angebotenes Obst, noch Freigehegepflanzen) akzeptiert. Genauso werden bisher keine Babymäuse angenommen.

Abschlussbemerkung

Unsere jahrelangen positiven Erfahrungen bei der Freihaltung von Chamäleons auf solchen Zimmerfreigehegen und die Faszination, die diese Form der Haltung mit sich bringt, sorgten dafür, dass wir nach dreijähriger Pause wieder ein solches Freigehege bauten. Gestützt wurde die Entscheidung auch durch die ebenfalls positiven Erfahrungen und neuen Erkenntnisse von Freunden und Bekannten. An dieser Stelle danken wir insbesondere Carina Dockhorn und Bastian Stockhausen (Hamm) sowie Maren und Jürgen Lipfert (Bad Harzburg), die mit ihren Ideen und regem Erfahrungsaustausch zur Optimierung dieser Haltungsform beigetragen haben. Wir denken, dass die Freihaltung eines Chamäleons eine Bereicherung für jeden Terrarianerhaushalt ist, auch wenn sie aufgrund der erhöhten Ansprüche an den Pfleger nur erfahrenen Chamäleonhaltern empfohlen werden kann.

Literatur

Internet
(Stand September 2007)

 

Die Veröffentlichung an dieser Stelle erfolgt mit freundlicher Genehmigung des verantwortlichen Redakteurs der Terraria: Heiko Werning!

Bei Fragen einfach eine E-Mail an Andi und Tanja!

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